Entstehung der Sassi
Das Gebiet der Murgia, in dem sich Matera befindet, war bereits in der Jungsteinzeit besiedelt und Matera gilt als einer der ältesten besiedelten Orte der Welt. Die Lebensbedingungen waren gut: Es gab einen Fluss, fruchtbares Land und leicht zu bearbeitendes Baumaterial.
Das zuerst besiedelte Gebiet befindet sich gegenüber der Sassi von Matera in der Murgia Materana. Bei einer Führung durch den Park kann man die Grotten und Felskirchen besichtigen, die teilweise mit Fresken ausgemalt wurden.
Später nutzen die Menschen das Gebiet der heutigen Sassi, der ältere davon ist der Sasso Barisano.
Die Grotten wurden in den relativ weichen Sand- und Tuffstein gehauen. Anfangs waren es die natürlichen Höhlen, die die Menschen als Unterkunft nutzten. Da sich der Stein gut bearbeiten ließ, wurden die Unterkünfte bald ausgebaut und man grub ganze Wohnungen in den Berg, die ständig durch Anbauten erweitert wurden. Die Menschen schnitten Quader aus dem Berg heraus, um diese wiederum als Baumaterial für den Vorbau zu nutzen. Je tiefer die Höhlen gegraben wurden, desto mehr Baumaterial wurde gewonnen und als Fassade vor der Grotte aufgebaut.
Neben- und übereinander entstand so im Laufe der Jahrtausende eine Höhlenstadt in den Felsen, ein verschachteltes Netzwerk aus Höhlenwohnungen, engen Gassen und kleinen Plätzen, dazwischen Felsenkirchen, das zusammen ein großes architektonisches Kunstwerk ergibt.
Heute sind die Höhlenwohnungen, die "Sassi von Matera" als Teil des Unesco Welterbes der Menschheit weltweit bekannt und stehen unter Denkmalschutz.
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Es gab mehrere einschneidende Ereignisse, die das Leben in den Sassi radikal änderte.
Der Einzug von Napoleon im Jahr 1806. Napoleon erließ ein Dekret, das das Ackerland der Kirche
Die Bauern, die das Land bearbeiteten, durften nicht mehr auf diesem mit ihren Familien wohnen und mussten sich daher in Matera eine Unterkunft suchen. Der massive Zuzug nach Matera führte zu einer Verknappung des Wohnraumes. So wurden Grotten, die bis dahin als Lager oder Weinkeller dienten, als Unterkünfte für die Familien der Bauern und Landarbeiter ausgebaut. Die hygienischen und Lebensbedingungen in diesen Grotten (vorwiegend im Sasso Caveoso) waren wesentlich schlechter als in den bis dahin bewohnten Grotten).
Eine weitere Maßnahme Napoleons war die Verlagerung der Regionalhauptstadt der Basilikata von Matera nach Potenza, was zur Umsiedlung des Regierungssitzes sowie der Universität führte und damit zur Verarmung von Matera.
Matera hatte ein perfektes Lagersystem in den Grotten eingerichtet. Die Bürger lagerten in guten Zeiten Vorräte an Getreide, Hülsenfrüchte, Wein und Olivenöl in großen Mengen an und konnten dies über eine lange Zeit lagern, und so stets hohe Preise für ihre Produkte erzielen.
Die Globalisierung des Handels durch die Einführung der Eisenbahn machte das perfekte Lagersystem in den Grotten überflüssig.
Das einschneidende Ereignis wurde jedoch durch ein literarisches Werk ausgelöst. Im Buch "Christus kam nur bis Eboli" (1944) beschrieb Carlo Levi die hygienischen Zustände in Matera als katastrophal, teilweise schlimmer, als sie tatsächlich waren. Das führte in der jungen italienischen Republik zu einem Aufschrei im ganzen Land und man schämte sich in ganz Italien für die Zustände, unter denen Menschen noch lebten.
Das hygienische Problem war erst dadurch entstanden, dass die hohe Bevölkerungsdichte und Wohnungsnot hatte dazu geführt hatten, dass das Abwassersystem, das in den Fluss führte, zugemauert worden war und das Abwasser nicht mehr genügend abtransportiert wurde.
Dadurch wurde auch das Wassersystem durch Ungeziefer verschmutzt. Das führte in Matera zu Malaria und anderen Krankheiten, wodurch die Kindersterblichkeit bis auf 44 % stieg.
Die Regierung in Rom setzte daraufhin eine drastische Maßnahme durch, sie ließ die Sassi in Matera komplett räumen, so dass das gesamte Gebiet als Wohnungen ausgedient hatte. 30.000 Menschen wurden in den 50-iger Jahren in moderne Wohnungen zwangsumgesiedelt. Bis 1968 war die Umsiedlung abgeschlossen und die Grotten verfielen. Kinder nutzten das Gelände – unerlaubterweise - als Abenteuerspielplatz.
Erst 1986 wurden die Sassi wiederentdeckt und unter Denkmalschutz gestellt.
In den 1990-er Jahren begann die Restaurierung und es entstanden Restaurants, Museen, B&B, Künstlerwerkstätten und Hotels in den Sassi, so dass es heute möglich ist, das Lebensgefühl von einst unter modernen Umständen nachzuempfinden.
Matera zählt heute ca. 60.000 Einwohner, wovon derzeit (Stand 2017) ca. 2000 in den Sassi wohnen. Einige der Sassi stehen noch leer und warten auf Investoren. 80 % der Sassi sind Eigentum der Stadt Matera und können langfristig gepachtet werden. Nur 20 % der Grotten sind noch in Privatbesitz. Dies betrifft nur die Grotten, deren Besitzer von 1953 ihr Eigentum behalten hatten und die neue Wohnung selbst bezahlt hatten.